Kaifuku train drawing, kaifuku line Kyoto Japan, 23.05.2000

Aus der Serie “zeichnen, ohne zu zeichnen”

Ein Graphitstift hängt an einem Band von der Decke der Bahn. Das Stiftende liegt auf dem Papier. Die Bahn fährt, es ruckelt und stößt, es zeichnet. Am Abend wird das Papier gewechselt. Auf diese Weise entstanden fünf Zeichnungen.

Zum Projekt "zeichnen, ohne zu zeichnen"

Mit dem Pojekt "zeichnen, ohne zu zeichnen" suche ich nach Möglichkeiten der ästhetischen Visualisierung mechanischer, biologischer oder soziologischer Prozesse. Angefangen hat es, als ich auf der Rückfahrt aus einem Urlaub den Fahrweg grafisch darstellen wollte. An einem Faden hing ich einen Stift in dem Auto auf, der wiederum auf einem Papier schwebte. Alle 100 km wechselte ich das Papier und datierte es mit der Strecke, den gefahrenen Kilometern, Datum und Uhrzeit. Die entstandenen Zeichnungen haben einen chaotisch/kreativen Charakter. Später versuchte ich diese Form der Zeichnung auch ohne Fortbewegung zu realisieren. Ich brauchte mechanische Automaten, die ihren angestammten Platz nicht verließen wie ein Auto. Nahliegend war eine Waschmaschine, zumal ich damals mit einem Toplader wusch, der im Schleudergang unausgewuchtet rumpelte. Die Vibration des Schleuderns erzeugte flirrende Texturen zwischen Diagramm und Chaos. Der Grauwert der Zeichnungen blieb aber immer konstant. Ich wollte explosivere, abwechslungsreichere Zeichnungen. So begann ich, mit einem Kassettenrekorder zu experimentieren. Ich verlängerte den Drehmoment des Antriebes durch einen Draht, an dem ich wiederum einen Faden band, an dessen Ende ein Stift hing. Durch die Rotation fängt der Stift an auf dem unterliegenden Papier zu tanzen. Durch wechseln des Winkels des Kassettenrekorders, sowie einem Gewicht an dem Stift, kann ich Einfluss auf die Zeichnung nehmen. Ich weiß noch, wie verblüfft ich war, als ich erstmals das Resultat sah. Entstanden ist eine gezeichnete Kugel. Plastisch modelliert der Grafikstift eine rund Form; eine Zeichnung, wie entsprungen aus einem Makro- oder Mikrokosmos. Eine futuristische Rückbesinnung auf die Werte der klassischen Zeichnung; ein grafisches Konstrukt, dem eine Unmenschlichkeit im positiven Sinne anzusehen ist.

An der Fortentwicklung der Reihe "zeichnen, ohne zu zeichnen" arbeite ich bis heute. Ich entwickelte biologische Pilzsporenzeichnungen und druckte gebrauchte Maurerkellen im Tiefdruck.